Das Gadeck'sche Haus

Etwas abgelegen von den prächtigen Fachwerkstädten Herborn, Wetzlar und Limburg liegt das Ulmtal. Wanderer zieht es immer wieder in diese reizvolle Landschaft und kaum einem entgeht die Schönheit der kleinen Dörfer. Glücklicherweise gibt es hier noch einige gut erhaltene Fachwerkhäuser, die das Dorfbild prägen. Ja, was wäre die Holzhäuser Kreuzgasse ohne das Gadeck'sche/Biemer'sche Haus mit seinem eigenen Charakter, seinen Formen, seiner Bewegung?

Treffend wird es in "Baudenkmale in Hessen, Lahn-Dill-Kreis" von Heinz Wlonski beschrieben:

"Am Zusammentreffen von Ulmtalstraße und Schulstraße städtebaulich markant gelegener Fachwerkbau des späten 18. Jahrhundert. Breitgelagerter, zweigeschossiger Baukörper mit über beide Geschosse reichenden Ständern, die geschossweise von Fußstreben ausgesteift werden. Der Bau ist Kulturdenkmal aufgrund seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung."

Lange Standbalken verbinden durchgehend die Grundschwelle mit der Dachkonstruktion. Die Unterteilung des Innenraumes ist "eingestockt", d. h. die Deckenbalken sind auf die Stockschwelle gelegt. Es ist ein Ständerbau, eine Bauweise, die schon Anfang des 16. Jh. vom Geschossbau abgelöst wurde. In ländlichen Gegenden hielt man oft länger an der alten Bauweise fest. Auf jeden Fall ist es ein sehr altes, wenn nicht das älteste noch erhaltene Haus von Holzhausen.

Da fügt sich gut ein interessanter Bericht von Artur Clössner ein. Er erinnert sich, dass ihm sein Großvater, Heinrich Clössner (1884 - 1952), erzählt hat, dass das Gadeck'sche Haus bis Ende des 19. Jh. direkt hinter seiner Scheune (heute Wohnhaus von Familie Sirvend) gestanden habe und durch ein Pfad- bzw. Bewanderungsrecht über das Zutt'sche und das Clössner'sche (früher Mohr'sche) Grundstück an die Lindenstraße angebunden war. Dieses Recht muss zu Streitigkeiten der drei Parteien geführt haben und war vielleicht der Anlass, dass das Haus abgetragen und an jetziger Stelle in seiner ursprünglichen Form wieder errichtet wurde.

Das freigewordene Grundstück, einschließlich des Wegerechts, kaufte Herr Zutt. Und obwohl er eine direkte Verbindung zur heutigen Lindenstraße hatte, nutzte er doch die Fahrt über Clössners Hof. Um sich dieses Ärgernisses zu entledigen, zahlte Herr Clössner um 1920 eine Ablösung von 5000 Goldmark an Herrn Zutt.

1993 ließ Familie Sahm das Fachwerkgebäude renovieren und seitdem erstrahlt es wieder in alter Schönheit und kündet von der hohen Zimmermeisterkunst unserer Vorfahren.

von Astrid Koch


Eine andere Geschichte ums Gadeck'sche Haus und das darin beschriebene Wegerecht.
Erzählt von Erika Blohsfeld und aufgeschrieben von Joachim  Kohl.

Anstelle von "Zutts Haus" stand bis ca. 1830 ein sehr kleines Fachwerkhaus. Johann Zutt hat den Bewohnern dieses Häuschens, im Tausch für selbiges, "Gadeck'sche Haus" gekauft und war durch diesen Tauschhandel Eigentümer dieses kleinen Fachwerkhauses einschließlich des Wegerechtes geworden. Er ließ dieses abreißen und baute dort ein Haus, das heute noch steht. 1832 wurde es bezogen.

Die Gebäude, die links und rechts der Hofeinfahrt zum "Zutt'schen" Anwesen stehen, gehörten um 1730 zwei Brüdern. Einer war Schreiner und der andere Landwirt. Das Wegerecht, welches von dem kleinen Haus (Zuttsches Anwesen) über Clösners Hof bestand, stammt aus der Zeit vor 1830 und führte um 1920 - 1930 zum Streit. Er gipfelte darin, dass der Großvater von Artur Clösner den Weg mit einem angeketteten Leiterwagen versperrte. Nachdem der ganze Vorfall vor Gericht landete, wurde das alte Wegerecht gegen Zahlung einer Entschädigung gelöscht. Die Höhe des Betrages kann heute nicht mehr mit Sicherheit angegeben werden. Das Anwesen der Familie Zutt war zu diesem Zeitpunkt von der heutigen Lindenstraße her gut zugänglich, so dass kein Bedarf mehr an Ausübung dieses alten Wegerechts bestand.  


Woher kommt eigentlich der Hausname Gadeckse?

Die Erklärung stammt aus den Nachforschungen über Hausnamen von Herrn Heinrich Jung.

Zwei heute nicht mehr lebende Brüder dieses Hauses mähten einstmals eine Wiese, die über einen kleinen Bach reichte. Dabei konnten sie sich nicht recht einigen, wo der eine oder der andere mähen sollte. Endlich meinte der eine auf die Meerenge anspielend: "Fort, dann gehe ich nach Cadiz und du bleibst in Gibraltar." Aus diesem Cadiz entwickelte sich der Name Gadeckse.